Boelcke, Oswald

dt. Flieger im 1.WK


Boelcke, Oswald
Kurz & Kompakt
Geburtstag:19. Mai 1891
Geburtsort:Giebichenstein (b. Halle)
Geburtsland:Deutschland
Sterbedatum:28. Oktober 1916
Sterbeort:bei Bapaume
Sterbeland:Frankreich

Kindheit und Jugend

Oswald Boelcke wurde am 19. Mai 1891 in Giebichenstein in der Nähe von Halle als viertes von sechs Kindern eines Oberlehrers der städtischen Realschule geboren. Mit drei Jahren erkrankte Boelcke an Keuchhusten. Die Folge dieser Erkrankung waren von Zeit zu Zeit asthmatische Anfälle, mit denen er bis an sein Lebensende immer wieder zu kämpfen hatte. [1]
Boelcke versuchte diese Schwäche in seiner Jugend und später als Leutnant durch intensives Ausdauertraining zu überwinden. Das schien ihm zu gelingen, denn 1913 lief er bei einem Armeewettlauf als zweiter über die Ziellinie. Boelcke lernte bereits früh und besonders leicht Schwimmen. Auch als Bergsteiger zeigte der junge Mann Talent. Mit 17 Jahren nahm ihn sein Vater zum ersten Mal mit nach Hinter-Tux in die Alpen.

In seinem selbst verfassten Lebenslauf zum Abitur nannte der junge Boelcke Ballspiele aller Art und Geräteturnen als seine Lieblingsbeschäftigungen. Seine favorisierten Fächer waren Geschichte, Mathematik und Physik. [2] Ohne Wissen seiner Eltern schrieb Boelcke als Schüler der 8. Klasse an Kaiser Wilhelm einen Brief mit der Bitte, in eine Kadettenanstalt aufgenommen zu werden. Die Eltern erfuhren erst davon, als die Antwort des Deutschen Kaisers in den heimischen Briefkasten flatterte – es war eine Zusage. [3] Dennoch beendete Boelcke zuvor seine Schullaufbahn am heimischen Gymnasium 1911 mit dem Abitur. Im Anschluss begann Boelcke als Fahnenjunker im Telgraphenbatallion Nr. 3 seine militärische Laufbahn.

Ausbildung zum Piloten und erster Fronteinsatz


Auf einem Truppenübungsplatz in Darmstadt hatte Boelcke 1913 erstmals Kontakt zur Fliegertruppe. Im Juni 1914 erreichte er seine Versetzung zu dieser jungen Einheit. An der Flugschule in Halberstadt wurde Boelcke zum Flugzeugführer ausgebildet, die er am 15.8.1914, nach bestandener Pilotenprüfung, verließ.
Mit der Fliegerabteilung 13 kam er kurz darauf an die Westfront, wo er zusammen mit seinem fünf Jahre älteren Bruder Wilhelm Aufklärungsflüge unternahm. Die Boelcke-Brüder flogen zunächst gemeinsam in einer zweisitzigen Maschine – Oswald als Pilot, Wilhelm als Beobachter. Nach einem Streit mit Kameraden ließen sich die Brüder aber zu verschiedenen Einheiten versetzen.
Oswald kam im April 1915 zur Fliegerabteilung 62, die in Douai an der Westfront stationiert war. In der gleichen Einheit diente Max Immelmann, der später als Fliegerass und "Adler von Lille" bekannt werden sollte.
Seinen ersten Abschuss als Kampfflieger erzielte Boelcke am 4. Juli 1915.

Boelcke wird zum ersten Flieger-Ass am Himmel

Breits ein halbes Jahr später erhielten er und Fliegerkollege Immelmann vom Kaiser persönlich den Pour le Mérite, die höchste preußische Tapferkeitsmedaille. Sie waren die ersten deutschen Piloten, die diese Auszeichnung bekamen. Im März 1916 stellte das deutsche Oberkommando die Fliegerstaffel Sivery auf, die als Vorläufer der späteren Jagdstaffeln (Jasta) gilt. Boelcke war nun Staffelführer von sechs Jagdflugzeugen. Am 18. Juni 1916 verunglückte Max Immelmann tödlich und Boelcke erhielt nach seinem 19. Luftsieg Flugverbot, weil man ihn als Ausbilder für neue Jagdflieger für unverzichtbar hielt.

Boelcke als Schöpfer der Luftkriegstaktik

Von der Front weg schickte man Boelcke zu einer Inspektionsreise auf den Balkan, wo er in Kontakt mit führenden Militärs wie Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, Erich Ludendorff und sogar Kaiser Wilhelm kam. In diesem Umfeld regte der Offizier eine Neuorganisation der deutschen Luftstreitkräfte an.
Er wurde zum Hauptmann befördert und zurück an der Westfront zum Kommandeur der am 10. August 1916 neu aufgestellten Jagdstaffel 2 ernannt. Die Piloten für die Jasta 2 konnte sich Boelcke selbst zusammenstellen. [5] Boelcke entschied sich unter anderem für die Leutnants Manfred von Richthofen und Erwin Böhme, die sich später unter seiner Anleitung selbst zu hoch dekorierten Fliegerassen entwickelten.

Im September 1916 begann Boelcke seine bunt zusammengewürfelte Truppe im Luftkampf auszubilden. Er entwickelte die sogenannte "Dicta Boelcke", die Grundlagen des Luftkampfes mit besonderem Augenmerk auf das Fliegen und Angreifen in dichten Formationen enthielt. Hauptmann Boelcke kümmerte sich aber nicht nur um die Ausbildung, er saß auch selbst weiterhin als Jagdflieger im Cockpit.Seine taktische Ausbildung machte sich bezahlt, die Jasta 2 wurde sehr erfolgreich. Boelke allein holte von Anfang September bis Ende Oktober 1916 insgesamt 20 gegnerische Flugzeuge vom Himmel. Mit dann 40 anerkannten Luftsiegen wurde er zu dieser Zeit zum unangefochtenen König der Jagdflieger.

Boelke als Offizier und Gentleman

Boelcke war auf beiden Seiten der Front für seine Fairness und Ritterlichkeit bekannt. Im September 1916 hatte er Captain Wilson von der 32 Squadron des Royal Flying Corps über den Schlachtfeldern der Somme abgeschossen. Als dieser seinen Doppeldecker hinter den feindlichen Linien notlanden musste, landete Boelcke kurz darauf neben ihm. Aber anstatt ihn mit vorgehaltener Pistole zum Verhör abzuführen, schüttelte Boelcke ihm die Hand, lud ihn später zum Kaffee in die Messe ein und führte ihn über seinen Flugplatz.

Im Jahr 2016 tauchte in einem Fotoalbum eines unbekannten deutschen Fliegers aus dem 1. Weltkrieg ein Schwarz-Weiß-Foto auf, das Boelcke kurz nach dem Vorfall, neben dem abgeschossenen Wilson stehend, zeigt. Wilson war Boelckes 20. Abschuss. [6] Sieben Monate zuvor hatte Boelcke sein Leben riskiert, um über die britischen Linien zu fliegen und einen Brief abzuwerfen. Darin teilte er mit, dass der von ihm abgeschossene und vermisste Pilot, Leutnant Geoffrey Formilli, am Leben und in Sicherheit sei. Er habe ihn persönlich im Krankenhaus besucht.

Aber Boelcke war nicht nur am Himmel über der Westfront ein allseits respektierter Pilot und Offizier. Am 28. August 1915 rettete er einem jungen Franzosen das Leben, der in einen Kanal gefallen war. Beherzt sprang er hinterher und fischte den Jungen aus dem Wasser. Die dankbaren Eltern sollen den Deutschen sogar für die "Französische Ehrenlegion" vorgeschlagen haben. Diese Auszeichnung erhielt das Flieger-Ass zwar nicht, dafür von seinem eigenen Oberkommando aber die Rettungsmedaille.

Absturz und Tod Boelckes

Am 28. Oktober 1916 stieg er mit der Jasta 2 zu seinem letzten Feindflug auf. Beim Ausweichen streifte seine Maschine den Doppeldecker des Staffelkameraden Erich Böhme. Die beschädigte Tragfläche brachte Boelckes Maschine ins Trudeln. Er konnte den Doppeldecker nicht mehr abfangen und wurde beim Aufprall getötet.[4] Oswald Boelcke erhielt ein Staatsbegräbnis mit überwältigender öffentlicher Anteilnahme. Sein Grab ist noch heute auf dem Ehrenfriedhof der Stadt Dessau zu finden.


Quellenangaben:

[1] Oswald Boelcke: Hauptmann Boelckes Feldberichte, Verlag Friedrich Andreas Perthes, Gotha, 1917, S.8
[2] Oswald Boelcke: Hauptmann Boelckes Feldberichte, Verlag Friedrich Andreas Perthes, Gotha, 1917, S.9
[3] Oswald Boelcke: Hauptmann Boelckes Feldberichte, Verlag Friedrich Andreas Perthes, Gotha, 1917, S.10
[4] Arch Whitehouse: Flieger-Asse 1914 bis 1918, Motorbuch Verlag, Stuttgart, 1970, S.370-372
[5] Artikel in "Daily Mail"(Online), Lucy Crossley, 23.3.2016
[6] Artikel in der "FAZ", Reinhard Müller, 2.11.2016
[7] World Heritage Encyclopedia über Oswald Boelcke