Wernher von Braun (1912-1977) war einer der wichtigsten Raketenentwickler und Verfechter der Weltraumforschung im 20. Jahrhundert. In seiner Jugend las von Braun die Werke von Science-Fiction-Autoren und begeisterte sich für die Möglichkeiten der Weltraumforschung. Später stieß von v. Braun auf die Arbeit des deutschen Physikers Hermann Oberth. Dessen Buch "Die Rakete zu den Planetenräumen", welches 1923 erschien, veranlasste v. Braun, sich Kenntnisse in der Trigonometrie anzueignen und die Physik der Raketentechnik zu verstehen.
Die frühen Lebensjahre
Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun wurde am 23.12.1912 in Wirsitz, der damaligen preußischen Provinz Posen (heute: Wyrzysk, Polen) als Kind einer wohlhabenden Adelsfamilie geboren. Seine Mutter förderte die Neugier des jungen Wernher, indem sie ihm bei seiner Konfirmation ein Teleskop schenkte. Brauns frühes Interesse an Astronomie und Raumfahrt ließ ihn danach nie mehr los. 1920 übersiedelte seine Familie in die Hauptstadt Berlin. [1]
Ab 1925 besuchte er das Französische Gymnasium in Berlin, wo er besonders in den Fächern Mathematik und Physik kein guter Schüler war. Ein Wendepunkt in seinem Leben ereignete sich 1925, als er ein Exemplar des Buches von Hermann Oberth erwarb. Seine schulischen Leistungen verbesserten sich und im Frühjahr 1930 immatrikuliert sich von Braun an der Technischen Hochschule Berlin und trat der Deutschen Gesellschaft für Raumfahrt [2] bei. In seiner Freizeit assistierte er Oberth bei Raketentests. 1932 bekam er sein Diplom als Ingenieur für Maschinenbau. [3]
Gefördert von Walter Dornberger, dem Leiter des Raketenwaffen-Programms im Heereswaffenamt, trat v. Braun als ziviler Angestellte dem Entwicklungsprogramm für Flüssigbrennstoffraketen bei. Die Experimente und Tests wurden zunächst in Kummersdorf, etwa 30 km südlich von Berlin durchgeführt. Aufgrund seiner von der Wehrmacht finanzierten Forschungen promovierte von Braun am 27. Juli 1934 in Physik. [4]
Peenemünde und die Zeit des Nationalsozialismus
Schon 1935 wurde klar, dass das Testgelände in Kummersdorf den Ansprüchen nicht mehr genügte. Heer und Luftwaffe stellten den Raketenentwicklern deshalb 1937 ein Areal in Peenemünde auf der Insel Usedom zur Verfügung. Wernher von Braun wurde zum technischen Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde ernannt.
Die von Wernher von Braun und seinem Team entwickelte ballistische Rakete V2 (Vergeltungswaffe 2) gilt als Vorläuferin der interkontinentalen ballistischen Raketen der USA und der Sowjets. Vom technischen Standard her war die Rakete an Reichweite (über 300 km), Zielgenauigkeit und Sprengkraft jeder anderen Entwicklung um ein Vielfaches überlegen. [5]
Der erste erfolgreiche Start erfolgte im Oktober 1942; ab September 1944 wurde die V2 gegen Ziele in Westeuropa eingesetzt. Das V2-Montagewerk wurde wegen der alliierten Luftangriffe nach Mittelwerk in der Nähe des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora verlegt. Dort montierten die Häftlinge die Rakete. Für die Verbrechen im Zusammenhang mit der Raketenproduktion trug von Braun zumindest eine moralische Verantwortung. [6]
Obwohl von Braun Mitglied der NSDAP und der SS war, wurde er 1944 von der Gestapo wegen unachtsamer Äußerungen über den Krieg und die Rakete verhaftet. Nur durch die Fürsprache von Speer und Dornberger kam v. Braun wieder frei. Ende 1944 war von Braun klar, dass Deutschland zerstört und besetzt werden würde, und er begann mit der Planung für die Nachkriegszeit. Zurück in Peenemünde fragte von Braun sein Team, wem sie sich ergeben sollten, denn das Ende des Krieges zeichnete sich ab. Die meisten Wissenschaftler entschieden sich für die Amerikaner, weil sie hofften, dort für die Entwicklung von Raketen gebraucht zu werden. [7]
Wernher von Braun ergab sich zusammen mit 500 anderen Mitarbeitern bei Kriegsende in Bayern den Amerikanern. Einige Wissenschaftler aus dem Team wurden von den Russen gefangen genommen. Fast alle von den Amerikanern erbeuteten V2-Raketen und Raketenbauteile wurden in die USA verschifft. Der verbliebene Rest und die Produktionsanlagen wurden gesprengt.
Die Arbeit in den Vereinigten Staaten
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete von Braun mit der US-Armee an der Entwicklung ballistischer Raketen. Im Rahmen einer militärischen Operation namens "Project Paperclip" wurden er und eine Gruppe deutscher Wissenschaftler in Fort Bliss, Texas eingesetzt. Dort arbeiteten sie an Raketen für die US-Armee und halfen beim Start von V2 auf dem White Sands Proving Ground in New Mexico. [8]
1950 zog von Brauns Team zum Redstone Arsenal in der Nähe von Huntsville, Alabama, wo sie die ballistischen Raketen Redstone und Jupiter der Armee sowie die Trägerraketen Jupiter C, Juno II und Saturn I entwarfen. Eine Jupiter C Rakete brachte 1958 den ersten US-Satelliten, Explorer I, in eine Umlaufbahn. Von Braun wurde in den 1950er Jahren auch einer der bekanntesten Befürworter der Weltraumforschung in den Vereinigten Staaten und schrieb zahlreiche Bücher und Artikel für Magazine. 1955 wurde Wernher von Braun amerikanischer Staatsbürger.
1958 wurde die National Aeronautics and Space Administration (NASA) gegründet, um das US-amerikanische Weltraumprogramm durchzuführen. Von Braun und seine Organisation wurden von der Armee zur NASA versetzt. Als Direktor des Marshall Space Flight Centers der NASA in Huntsville leitete v. Braun die Entwicklung der großen Trägerraketen Saturn I, IB und V. Der technische Erfolg jeder Rakete in der Saturn-Klasse von Weltraumboostern, die aus Millionen von Einzelteilen bestand, ist in der Raketengeschichte unerreicht. [9]
1970 sollte von Braun nach Washington ziehen, um die strategische Planung für die Agentur zu leiten. Er verließ sein Zuhause in Huntsville, Alabama, entschied 1972 jedoch sich von der NASA zurückzuziehen und für Fairchild Industries in Germantown, Maryland, zu arbeiten.
Tod und Vermächtnis
Von Braun starb am 16. Juni 1977 in Alexandria, Virginia an den Folgen eines Dickdarmtumors. Während seiner langen Karriere erhielt von Braun zahlreiche Ehrendoktor-Titel und Auszeichnungen von renommierten Universitäten. Als Autor hat er verschiedene Werke über Raketenwissenschaft und Physik verfasst und mitverfasst. Wernher von Braun war fest davon überzeugt, dass der Mensch den Weltraum erobern sollte. [10] Bis heute gilt der Raketenpionier als einer der wichtigsten Spezialisten auf dem Gebiet der Raketentechnik und des Düsenantriebs. 1994 wurde ein Krater auf dem Mond nach Wernher von Braun benannt.
Quellenangaben:
[1] Neufeld, Michael J.: Wernher von Braun. Siedler Verlag München, 2009, S.37-49
[2] ebenda S.78 f
[3] ebenda S.5-58
[4] ebenda S.63
[5] Schulz, Matthias: Raketen-Dschungel: Himmelfahrt auf Usedom. In: Spiegel Online. 28. Mai 2001
[6] Schwarz, Gudrun: Die nationalsozialistischen Lager. Fischer, Frankfurt am Main, 1996, S.211 f.
[7] Kulke, Ulli: Die zwei Leben des Raketenmannes. In: Die Welt, 2. Oktober 2008.
[8] Michael J. Neufeld: Wernher von Braun. 2009, S.356
[9] Webseite der NASA: Wernher von Braun, in: https://www.nasa.gov/centers/marshall/history/vonbraun/bio.html
Letzte Aktualisierung: 4. August 2017
[10] Wernher von Braun, Das Marsprojekt: Studie einer interplanetarischen Expedition, Umschau-Verlag, Frankfurt am Main, 1952, S.83